Bei mir hat Desensibilisierung echt geholfen. Immer alles zu problematisieren und in ewig langen Gesprächen irgendwelche Gründe aus der Kindheit hervor zu kramen, das liegt mir nicht. Ich bin ein praktischer Mensch, und die Desensibilisierungstherapie hat bei mir echt angeschlagen. Schon in der Schule hatte ich mehr oder weniger eine Sprechangst. In Gruppen war ich irgendwie gehemmt, bekam kaum ein Wort heraus, wenn ich nicht vorher zwei, drei Bier getrunken hatte. Andere, die das große Wort führten, auf Feiern Reden hielten oder in der Uni auf dem Podium im Audimax ein Referat hielten, konnte ich nur bewundern. Mir war immer mulmig, wenn ich vor der Klasse ein Referat halten musste. Auch wenn ich es vorlesen konnte, war mir unwohl. An einen freien Vortrag war gar nicht zu denken. Mein Psychiater, bei dem ich wegen einem anderen Problem in Behandlung war, hat mich auf die Desensibilisierung gebracht. Zuerst habe ich den Alkohol weggelassen. Ich gewöhnte mich daran, auch ohne locker zu werden, vor allem mich nicht immer selbst zu beobachten. Nach einem halben Jahr hatte ich echte Fortschritte gemacht. Dann fing ich an, in Arbeitsgruppen nicht mehr nur da zu sitzen, sondern aktiver zu werden. Zuerst nur mit – möglichst gescheiten – Fragen, dann auch mit Kommentaren und eigenen Beiträgen. Der nächste Schritt war eine AG, die sich einen Seminarraum mit anderen AGs teilte. Und so ging es immer weiter, das Umfeld wurde größer und meine Beiträge umfangreicher. Dazu habe ich immer Atemübungen gemacht, die Ergebnisse mit meinem Doc besprochen und irgendwann auch Referate relativ locker halten können. Ich kann die Desensibilisierung nur empfehlen. Man sollte sie allerdings unter Anleitung (von einem Therapeuten) durchführen und auch Misserfolge nicht zu wichtig nehmen, außerdem die Ergebnisse und Fortschritte sehr bewusst wahrnehmen. Man sollte mit kleinen Aufgaben beginnen und mit kleinen Schritten weiter machen.
Keine Nebenwirkungen.